Am Samstagabend fand in der Jugendkirche das traditionelle Frühjahrskonzert des Orchestervereins Einsiedeln statt. Das mit neuen Mitgliedern verstärkte Orchester präsentierte unter der Leitung von Michi Mächler Evergreens der klassischen Musik.
«Wer nichts wagt, der nichts gewinnt », hatte sich der Orchesterverein Einsiedeln (OVE) letztes Jahr gesagt. Das Wagnis bestand darin, neue «alte» Musizierende fürs Orchester anzuwerben. Angesprochen waren junge und jung gebliebene Erwachsene, deren Instrumente möglicherweise irgendwo verstaubten, nachdem die Zeit zum Üben mehr und mehr fehlte, alles andere wichtiger geworden war. Der Aufruf war ein Erfolg: Ein knappes Dutzend Musikerinnen und Musiker konnte für das Orchester-Projekt «Come back» gewonnen werden, wie Johannes Borner, Präsident des OVE, in seiner Moderation erfreut vermelden konnte.
Damit der Wiedereinstieg auf der Konzertbühne für die neuen Mitglieder nicht zu heftig geriet, wählte die Musikkommission unter der Leitung von Dirigent Michi Mächler weitgehend gut spielbare, beliebte Werke der klassischen Musik aus. Das Frühjahrsprogramm begann mit dem ersten Satz der «Kleinen Nachtmusik » von Wolfgang Amadeus Mozart. Bei den ersten Takten dieses klassischen Gassenhauers schlechthin war eine gewisse Nervosität hörbar, die sich bald legte. Die Intonation wurde zunehmend sicherer, die Bogenführung mutiger.
Virtuoses Violinspiel von Meinrad Küchler
Darauf folgte mit dem «Frühling» aus den «Vier Jahreszeiten» von Antonio Vivaldi das solistische Highlight des Programms. Meinrad Küchler, seit unglaublichen 56 Jahren Mitglied des OVE, spielte die Solovioline virtuos und interpretierte das bekannte Barockwerk mit zauberhafter Leichtigkeit. Als kleines Intermezzo nach dem verdienten Applaus gaben Meinrad Küchler und Konzertmeisterin Steffi Notter ein nur wenige Sekunden kurzes Violinduo von Béla Bartók zum Besten, sehr zum Entzücken der Zuhörenden. Nach den beiden Kompositionen für Streichorchester gesellten sich die Bläserinnen und Bläser für die weiteren Darbietungen aufs Podium. Es folgte der zweite Satz der siebten Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Das Werk gilt als Auseinandersetzung des Komponisten mit Napoleons Russlandfeldzug von 1812. Der Orchesterverein interpretierte die schwermütige, beklemmende Melodie des zweiten Satzes prägnant und eindringlich.
Ohrwürmer im Dreivierteltakt
Von Nervosität und Unsicherheiten war bei den Orchestermitgliedern mit fortschreitendem Abend längst nichts mehr zu spüren, zumal die letzten Stücke des Abends regelrechte Ohrwürmer waren. Von Edvard Griegs Orchestersuiten «Peer Gynt» kennt man die Sätze «Morgenstimmung » und «Solveigs Lied» nicht zuletzt aus Werbespots. Und bei Dimitri Schostakowitschs Walzer Nr. 2, dem letzten Stück des Programms, juckte es den einen oder die andere in den Tanzbeinen, so leichtfüssig beschwingt spielte das Orchester die bekannte Melodie.
Nach dem wohlverdienten Applaus in der fast vollen Jugendkirche bot das Orchester eine überraschende Zugabe dar: den Marsch «Schwyzer Soldaten» von Ernst Lüthold, von Michi Mächler für grosses Orchester arrangiert. Der Dirigent war nach dem Konzert stolz und erleichtert über das gelungene Projekt «Come back». Die Probenarbeiten seien ganz zu Beginn schwieriger gewesen als sonst, meinte er rückblickend und fuhr fort: «Schwierige Stellen gibt es auch für routinierte Musikerinnen und Musiker, aber man findet immer eine Lösung. Ziel ist es, dass alle mitspielen und Spass haben können.»
Eine Stunde Cello üben pro Tag
Unter den «Come back»-Neulingen ist Peter Schönbächler, der bis vor dreissig Jahren Trompete spielte, danach war Schluss mit Musizieren. Vor dreieinhalb Jahren hat ihn das Cello-Fieber gepackt. Seither nimmt er wöchentlich Cellounterricht und übt zu Hause eine Stunde pro Tag, denn: «Sonst kommst du nirgendwo hin!» Sein Ziel war von Anfang an, mit dem neuen Instrument in einem Orchester mitzuspielen, was ihm vollauf gelungen ist.
Denise Küttel ist eines der jüngeren Neumitglieder. Sie hatte zehn Jahre lang nicht mehr Violine gespielt, bis Konzertmeisterin Steffi Notter ihr schrieb und sie zu einem «Comeback» überreden konnte. Nun sie ist mit neuer Begeisterung dabei und wird es auch bleiben: «Allein Geige zu spielen, ist langweilig. Ich wollte immer wieder anfangen, deshalb habe ich diese Chance jetzt ergriffen, auch wenn es eine Herausforderung war.» Das «Come back»-Konzert ist Geschichte – neue «alte» Musikerinnen und Musiker sind im OVE weiterhin herzlich willkommen.
Text und Bilder von Gina Graber, erschienen im EA am 12. März 2024