Advents-Konzert in der Klosterkirche Einsiedeln
Felix Mendelssohn Bartholdys «Lobgesang» erlebte eine triumphale Wiedergabe. Der erste Teil, orchestral, war schlicht brillant, die beiden Solo-Duette waren der Konzert-Höhepunkt und der Chor sang sich in die Herzen der Zuhörenden.
Wer diesen Sonntag «seinen» ganz bestimmten Platz wollte, musste mehr als eine Stunde vorher in der Klosterkirche sein. Das Gerangel und fragen: «Ist hier noch ein Platz frei?», begann schon während der Probe, eineinhalb Stunden vor Beginn. Und das sei bemerkt, die Weihnachtsmarktbesucher sorgten auch heuer vor und während des Konzerts – vor allem im hinteren Raum – für stete Unruhe. Ja, und die «Prominenz», die hat-te vorne ihren reservierten Platz.
Nun aber zum Konzert, dem ich schon seit der Ankündigung entgegenfieberte. Dieser «Lobgesang », der für die Vierhundertjahrfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst in Leipzig anno 1840 komponiert wurde, besteht aus drei symphonischen Sätzen und dem grossen, mehrteiligen Vokalfinale. Ja, und als «altgedienter» Bleisetzer freute es mich natürlich besonders, dass dem Erfinder Gutenberg dadurch gehuldigt wurde.
Festliche Posaunenklänge zu Beginn
Mächtige, festliche Posaunentöne eröffneten den Konzertnachmittag eindrucksvoll. Das Orchester setzte ein – ein geschlossener, homogener Klang. Es folgte das sehr lebhafte «Allegro », abgelöst durch ein beschauliches Nebenthema. Aus dem imposanten Klangkörper traten immer wieder wuchtig die Posaunen hervor – in ihrer schieren Schwere wie Dinosaurier mit erschütterndem Schritt! Die «Metallenen» beherrschten die Szenerie souverän. Diesen Schwergewichten folgten behutsame Tonfäden, ein steter Fluss. Geigenbögen fliegen über die Saiten, die Posaunen gebieten dem Vorwärtsdrängen gebieterisch Einhalt. Und angenehm: das «Holz» beruhigt die aufgewühlte Seele. Doch immer wieder sorgen die Posaunen – jetzt wie Wisenten im wogenden Steppengras – für einen Neuanfang. Das «Adagio» leitete über zum Chorgesang und beschloss so den ersten Konzertteil. Chor hatte es nicht leicht Das Orchester führte den Chor ein zum «Alles, was Odem hat» – für meine Begriffe zu wuchtig. Der Chor wurde fast nicht gehört, hatte schwer anzukämpfen. Wer ohne Textheft dasass, konnte nicht eruieren, um was für Psalmen es ging. Es waren der zu lauten Töne zu viel. Beim Tenor-Solo, dem «Recitativo», nahm sich das Orchester sehr schön zurück und Remy Burnens füllte mit seinem Gesang den Kirchenraum wunderbar.
Zu einem absoluten Konzerthöhepunkt avancierte das Solo der beiden Sopranistinnen, Susanne Serfling und Liv Lange Rohrer. Ihr perfektes Aufeinandereingehen war ein Ohrenschmaus. Das «Hoffen auf den Herrn» liess einen mitgehen. Geschickt spann der Tenor den Faden weiter: «Steh auf von den Toten, ich will dich erleuchten! » Die Nacht mit Trübsal und Furcht vor dem Tod ist vorbei. Der Chor nahm das klanggewaltig auf: «Die Nacht ist vergangen! » Und es werden die Waffen des Lichts ergriffen. Der Chor kam ab hier mehr zur Geltung, das Orchester wurde etwas zurückgenommen.
Der «Publikumsrenner»
Ja, jedes Konzert hat seinen «Hit». Und das war das weitherum bekannte «Nun danket alle Gott». Der Chor brachte das Lied so innig und getragen – es ergriff einen schlicht. Danke für die-sen, ich möchte sagen, «himmlischen » Gesang. Das Solo-Duett mit der Sopranistin Susanne Serfling und dem Tenor Remy Burnens brachte mit schönen, freudigen Stimmen den Dank für alles Gute, das Gelöbnis zum treuen Gott glanzvoll dar. Ein weiterer Höhepunkt des Nachmittags.
Der Schlusschor gab, sozusagen jubelnd, alles Grosse zum Finale: «Ihr Völker, bringet dem Herrn Ehre und Macht!» Das Publikum verdankte dieses einmalige Konzerterlebnis mit einer «Standing Ovation». Die hatten sich alle Beteiligten mehr als verdient. Das Konzert hallte auf dem Heimweg nach.
Wer dieses Konzert letzten Sonntag verpasst hat, kann es am nächsten Sonntag, 15 Uhr, «reinziehen». Es lohnt sich ganz bestimmt.
Am 3. Dezember 2024 im Einsiedler Anzeiger erschienen, Text von Paul Jud.